Hisako Matsubara
Eine liebe Freundin schenkte mir vor kurzem diesen Roman. Der Name der Autorin kam mir bekannt vor und ich freute mich, den ersten Roman von Hisako Matsubara in Händen zu halten. Ihren zweiten Roman „Die Glückspforte“ habe ich ja schon im ersten Blog vorgestellt.
Neugierig, ob auch dieses Buch von einer selbstbewussten Romanfigur getragen würde, mit Humor durchsetzt und Sprenkeln ironischer Anspielungen durchsetzt wäre, schlug ich „Brokatrausch“ auf.
Ich muss gestehen, ich habe ihn nicht zu Ende gelesen.
Die Geschichte ist im Inhalt und Ton melancholisch, verzweifelt und traurig. Der Epilog schildert wie eine Hisako selbst ein Totenschiff zum O-bon Fest auf die Reise schickt und sich nicht traut, die Familiennamen der beiden Toten auf das Segel zu pinseln. Lediglich die beiden Vornamen trägt der Wind hinaus aufs Meer: Tomiko und Nagayuki
Die beiden Großeltern der Autorin liebten sich und waren verheiratet, sie hatten eine Tochter namens Michi, dennoch war ihnen kein Glück vergönnt.
Tomikos Vater, ein stolzer Samurai der Hayato-Familie hat den jungen Nagayuki adoptiert und ihn seiner Tochter zum Mann bestimmt. Die beiden ziehen nach Tokyo, wo Nagayuki ein Studium beginnt und sich Hoffnungen um eine gute Anstellung auch im Ausland machen kann. Doch dann verliert sein Schwiegervater fast sein gesamtes Vermögen und die beiden müssen ihr Heim im Tokyo aufgeben. Tomiko ist zu diesem Zeitpunkt schon schwanger und niedergedrückt. Sie hätte so gern auch studiert, aber ihre Eltern haben es ihr nicht erlaubt.
Zuhause erwartet der Vater sie mit einem neuen Plan, er will, dass Nagayuki in die USA reist und dort den Namen der Familie groß macht, ohne allerdings eines der guten Angebote aufstrebender Firmen anzunehmen. Aus eigener Kraft soll der zarte, sensible junge Mann das schier Unmögliche vollbringen.
Tomiko möchte ihn begleiten, doch ihre Schwangerschaft gibt den Eltern das passende Argument in die Hand, dies zu unterbinden.
Sie bleibt allein zurück, während ihr Mann zu seiner schwierigen Mission aufbricht.
Wie nicht anders zu erwarten, bleiben die Erfolgsmeldungen aus. Dennoch ruft der Vater ihn nicht zurück und wenn Nagayuki eines ist, dann gehorsam und willens, sich stets den Wünschen seines Schwiegervaters zu unterwerfen.
Für Tomiko wird die Situation nach der Geburt ihrer Tochter nicht leichter. Ihre Mutter stirbt und um sie zu ehren, muss sie all ihr erspartes Geld für Dankesgeschenke ausgeben. Ihre letzte Hoffnung, sich die Reise selbst irgendwann leisten zu können, ist dahin.
Zudem intererssiert sich der reiche Sono aus Osaka zunehmend für die schöne Tochter. Als er erfährt, dass sie vergeben und bereits Mutter ist, zeigt er sich enttäuscht.
Nagayuki hingegen kämpft in den USA, um sich über Wasser zu halten. Er arbeitet als Plantagenarbeiter, schuftet in einer Schiffsfarbrik und immer, wenn er genug Geld hat, um eine Schiffskarte zu bezahlen, schickt er dieses Geld Tomiko. Doch der, der seine Briefe öffnet, der das Geld in Händen hält und dem es durch die Finger fließt , ist Tomikos Vater.
Vergeblich wartet Nagayuki auf seine Frau. Zudem kommen ihm üble Gerüchte zu Ohren, Gerüchte, die ihn nach einigen Jahren, als er endlich einen guten Posten gefunden hat und ordentlich Geld verdient, veranlassen zu glauben, seine Frau würde sich als Prostituierte verdingen…. Das kann kein gutes Ende nehmen.
Hisako Matsubara lässt den Leser mit Tomiko fühlen, die Hilflosigkeit einer jungen Frau und Mutter aus gutem Hause um 1910, die vergeblich versucht, es sowohl ihrem Vater recht zu machen als auch endlich ein Leben an der Seite ihres geliebten Mannes zu führen. Ein Kampf, der sie aufreibt und ihr am Ende alle Hoffnung auf Glück raubt.
Ich bin keine große Freundin von Dramen, schon gar nicht, wenn es eine Autorin so gut versteht, mich mitleiden zu lassen. Daher habe ich das Buch auch bald zur Seite gelegt. Es veranschaulicht das Leben und das Denken der Japaner zu Beginn der Öffnung in den Westen sehr bild- und glaubhaft.
Wer beim Antiquariat seines Vertrauens darüber stolpert, sollte zugreifen.
Hisako Matsubara
Aufbau Verlag 1978
Kommentar schreiben