Japanreise: Koyasan und der Shingon Buddhismus

Der 26te begann für uns mit dem Morgengebet der Mönche in der Haupthalle unseres Ekoin Tempels.
Es fanden sich viele Gäste des Tempels dazu ein und lauschten andächtig der halben Stunde Sutra-rezitieren und dem Klang der großen Klangschale dazu.
Anschließend folgten alle der Einladung eines Mönchs zur Feuerzeremonie in einem kleinen Nebengebäude. Das war sehr interessant, so wurden neben Weihrauch und bestimmten Holzstücken unter vielen Gesten und Sutrarezitierens  auch kleine Holzlatten verbrannt, auf die man Wünsche schreiben konnte. So steigen die Wünsche mit dem Rauch auf und sollen sich erfüllen.


Erst danach gab es Frühstück, Reis, Suppe, etwas Tofu und Gemüse.
So gestärkt trafen wir unsere Führerin, die wir extra für den Tag gebucht hatten. Kaori Kodama-san war eine freundliche Dame mittleren Alters, die schon seit 20 Jahren professionell führt. Ihr Service für den ganzen Tag kostete uns 20.000 Yen (~ 160 Euro) und sie war jeden Yen wert.

 

Wir begannen mit dem Friedhof Okunoin, dieses Mal bei Tageslicht. Jetzt erst konnten wir seine riesigen Ausmaße richtig wahrnehmen. Anders als am Tag davor beim Abendspaziergang in der Dunkelheit, sah man nun, wie weit in den Wald hinein die Gräber reichten. Die dort verwendeten Grabdenkmäler sind, sofern japanisch (es gibt auch Thailändische und Koreanische, die etwas anders aussehen) , aus fünf Steinen zusammengesetzt. Der unterste Block symbolisiert die Erde, die runde Kugel das Wasser, darauf kommt das Stück für Feuer, darauf jenes für den Wind/die Luft und das oberste Stück steht für den Himmel. Je nach Auslegung. Der Mönch beim Nachtspaziergang hat für den Geist ein unsichtbares sechstes Teil angesprochen, doch die Führerin setzt das oberste Stück mit dem Geist gleich.

 

Wir haben die unterschiedlichsten Gräber besucht. Zum Beispiel gehört das Grab mit dem gesprungenen Kugelteil im Grabmal dem Mann, der den Shogun Oda Nobunaga ermordet hat. Er überlebte diese Tat nicht lange, Hideyoshi , der Nachfolger Nobunagas (von dem wir in der Burg von Osaka so viel gehört haben) tötete ihn kurz danach. Die Führerin erzählte, normal hielten die Granitstücke der Grabmäler ewig, doch das dieses Mannes würde immer wieder zerspringen, weil sein Geist keine Ruhe finden könnte. Bezeichnend war auch der Behälter mit den vielen Münzen. Menschen spenden für den Erhalt der Gräber, indem sie Münzen in Körbe oder Plastikwannen werfen. Dieses beschädigte Grab zieht viele Menschen an, weil der ermordete Oda Nobunaga drauf und dran war, Koyasan anzugreifen, um die Macht der dortigen Mönche zu brechen. Sein Mörder gelte als eine Art Retter von Koyasan, darum fand er auch hier eine Grabstätte.

Das riesengroße Grabmal hat ein Shogun für seine verstorbene Mutter errichten lassen. Lange Zeit waren Frauen überhaupt  nicht zugelassen auf dem Friedhof. Doch dieses große Monument ist auch das allergrößte von der Fläche und der Höhe her.

 

Die Führerin hat die Zeit so geschickt eingeteilt, dass wir rechtzeitig vor Ort waren, um mitzuerleben, wie Mönche in orangem Gewand eine Holzkiste  an langen Stangen zur Tempelhalle am Ende des Friedhofs trugen. Darin befindet sich das tägliche Mahl für Kukai / Kobo Daishi, jenen Mönch, der in einer Erdhöhle seit 1200 Jahren meditiert. Damit er nicht verhungert, wird ihm jeden Tag frisches Essen dargebracht. Wie die Führerin uns erklärte entzieht Kobo Daishi dem Essen die Essenz, was erklärt, warum es sich nicht in Luft auflöst, und dann wird es eine Stunde später wieder dort abgeholt, wo es dargebracht worden ist. Einmal im Jahr erhält Kobo Daishi auch ein neues Gewand auf die gleiche Weise.
 

 

Das Moos wächst hier sehr dicht und auch der Jasmin blüht blau unter den Bäumen.

Teils führt der Weg in breiten Stufen aufwärts, dann wieder nach unten.

Der Haufen kleiner Grabmäler auf dem Bild oben wurde beim Ausheben des Bodens entdeckt. Nicht jeder kann sich ein Grab auf Koyasans Friedhof Okunoin leisten, allein der Platz für ein neues Grab kostet 20.000 Euro (so ca.) und dann hat noch keinen Stein, keine Umrandung, keine Zeremonie.

Aber auch einfache Leute wollten hier ein Grabmal haben, also haben sie diese kleinen Grabmäler aus einem Stein hauen lassen und auf den Friedhof gebracht und aufgestellt.

In der Laternenhalle beim Tempel am Ende des Weges brennen die Laternen heute alle mit elektrischem Licht bis auf vier ganz besondere, die man in Glaskästen aufgestellt hat. Eine davon wird "Laterne des armen Mädchens" genannt.

Die Laternen sind Spenden von Gläubigen im Andenken an tote Verwandte. Das arme Mädchen lebte vor vielen Jahren und wurde als Findelkind von armen, aber gutherzigen Zieheltern groß gezogen. Als ihre Eltern starben, wollte das Mädchen ihnen mit einer Laterne ein Andenken setzen, hatte aber das Geld nicht, um eine zu kaufen. So schnitt sie ihr langes Haar ab und verkaufte dieses und erstand eine Laterne. Sie konnte die Laterne nicht selbst zur Halle bringen, weil Frauen damals noch der Zutritt verboten war. Also bat sie ihren Lehrer, das für sie zu tun und die Laterne möglichst in der Mitte aufhängen zu lassen. Doch die mittleren Plätze waren für die Laternen der reichen Leute bestimmt und ihre Laterne bekam einen Platz am Rand. Damals waren alle Laternen noch Öllichter und eines Tages blies ein heftiger Wind sie aus. Einzig, die Laterne des armen Mädchens brannte noch und die Priester erkannten dies als Zeichen. Seitdem hat die Laterne einen Ehrenplatz und beim großen Lichterfest viele viele Kerzenlichter die Wege des Friedhofs erhellen, nimmt man das Licht dafür aus der Laterne des  armen Mädchens. Sie wird sorgfältig mit neuem Öl versorgt und vor Wind in einem Glaskasten geschützt. (Leider ist das Fotografieren im innersten Teil des Friedhofs ja verboten, sonst hätte ich jetzt Fotos von den vielen Laternen hingesetzt.)

 

Auf dem Rückweg bogen wir zum neueren Teil des Friedhofs ab. Entlang des Hauptweges kann man einige sehr große, originelle Grabmale finden. Sie gehören Firmengründern bekannter Namen. So hat der Hersteller einer Kaffeesorte eine Kaffeetasse mit schwarzem Stein gefüllt dort stehen und die Rakete gehört zu einem Firmengründer, der im zweiten Weltkrieg etwas mit Kampffliegern zu tun hatte, später sich jedoch für den Frieden einsetzte. Sharp hat einen Grabstein, der einem schwarzen Flachbildschirm ähnelt und jemand, der für seinen Pharmaziebetrieb viele Tierversuche machte, hat sein Monument mit den Abbildern jener Tiere umgeben, es ist quasi auch für sie, damit ihre Seelen Ruhe finden. Im buddhistischen Glauben hat ja jedes Lebewesen eine Seele, egal ob Mensch, Tier oder Pflanze.

Nach dem Besuch des Friedhofs war es fast Mittag und da wir Hunger hatten gingen wir in ein Restaurant, das im oberen Stockwerk eines Souveniershops zu finden ist. Wir suchten uns anhand eines Schaufensters gleich bei der Kassa die Gerichte aus und bekamen Zettelchen, die wir mit an den Platz nahmen. Die andere Ausgabe derselben Zettelchen bekam die Köchin. Beim Servieren wird dann abgeglichen, ob auch das richtige Essen an den richtigen Tisch kommt. Aber der Laden war in diesem Stockwerk bis auf uns fast leer, sodass es klar war, wohin die drei Eier-Reis-Kombinationen gebracht werden müssen. Diese Reischschüsseln mit einer Rühreimischung obendrüber sind die Spezialität des Restaurants. Ich hatte eine mit Pilzen und Gemüse sowie fishcake (gepresstes Krabbenfleisch, meist in rosa-weiß),. Moni eine mit Rindfleisch und unsere Führerin ein mit Reis gefülltes Omelett mit Ketchupverzierung.
Die Gerichte schmeckten gut, machten satt und vor allem waren sie relativ preiswert: 860Yen, also knapp sechs Euro (mit Misosuppe und einem Stück Pfirsichgelee als Nachtisch).

Frisch gestärkt nahmen wir die nächsten drei Ziele in Angriff:
1.Der Komplex an Gebäuiden, wo Kobo Daishi lebte, ehe er sich zur ewigen Meditation zurückzog.
Wie er das Gelände wählte, was den Anfang der Stadt Koyasan bildete, ist eine Legende für sich.
Nachdem Kobo Daishi von seinem Meister in China in die Geheimnisse des esoterischen Buddhismus eingeweiht worden war, kehrte er beladen mit Schriftrollen und sakralen Gegenständen nach Japan zurück. Um sein Wissen weiterzugeben, brauchte er einen entlegenen Ort, an dem er lehren konnte, ohne dass ihm jemand dreinredete oder irgendein Lord auf dumme Ideen kam. Als er in die Gegend nahe bei Koyasan kam, traf er einen Jäger, der einen weißen und einen schwarzen Hund bei sich hatte. Kobo Daishi fragte ihn nach einem entlegenen Ort, der sich für einen neuen Tempel eignen würde und der Jäger gab ihm seine zwei Hunde. Die beiden Hunde führten ihn genau zu jener Hochebene, die von soviel Bergen umgeben war wie eine Lotusblume Blütenblätter hat. Also eine ideale Symbolik. Das erste Gebäude, das Kobo Daishi und seine Schüler errichteten, war aber kein Tempel sondern ein Schrein, um bei mächtigen kami um Schutz für seinen Tempel anzusuchen. Das wurde ihm gewährt und seitdem wird der Schrein, der mehrere kami beherbergt dort auf dem Gelände gepflegt und besucht.
Dann erst erfolgte der Bau einer Halle, in welcher die Zeremonien abgehalten werden konnten und wo die Mönche gemeinsam studierten. Auch nachdem Kobo Daishi seine ewige  Meditation begann, bekam seine Art des Buddhismus immer mehr neue Anhänger. Einige davon mächtig und großzügig errichteten weitere Gebäude wie zwei Pagoden, eine unbemalte und eine in typischer rot-gold-weißer Bemalung sowie einen Glockenturm. Die riesige Glocke schlägt an ganz bestimmten Stunden am Tag eine vorgeschriebene Anzahl von Schlägen, sodass am Ende 108 zusammenkommen. Auch an Neujahr schlagen die buddhistischen Glocken 108 Mal (auf einmal allerdings), die Zahl steht für die weltlichen Gelüste und Ablenkungen, deren wir uns hingegeben haben und die verhindern, dass wir schon im Leben erleuchtet werden wie Kobo Daishi.
Wiederum hatte die Führerin die Zeit exakt so geplant, dass wir zum Glockenschlag beim Turm waren und fotografieren konnten.

2.Das Reikohan Museum
Schön und ruhig und vor allem kühl. In fünf Ausstellungshallen sind jeweils buddhistische Statuen zu sehen, speziell der Buddha mit dem Wütenden Gesicht, Schwert und Seil ist berühmt. Er sieht aus wie ein Dämon ist aber eigentlich eine gute Figur, die Menschen mit üblem Temperament mit seinem Seil einfängt und von ihrer schlechten Laune abschneidet und sie so wieder beruhigt. Leider ist das Fotografieren im Museum verboten und die Beschriftung bei den Ausstellungsstücken war bis auf Name, Herkunft und Datum der Entstehung leider rein auf Japanisch.

Da man im Museum mal wieder nicht fotografieren durfte, stattdessen ein paar  andere Fotos von Koyasans Straßen und Bächlein (und das Museum von außen).

3.Der Kongobujitempel


Der Haupttempel der Shingon Sekte (so heißt der esoterische Buddhismus in Japan) und der Sitz des Erzbischofs, der die Angelegenheiten der Shingon Sekte in Vertretung von Kobo Daishi erledigt, hat zahlreiche Räume, die alle mit sehr schönen Malereien an den Wänden ausgestattet sind. Auch hier ist das Fotografieren verboten bis auf jene Sänfte, in der ein bestimmter Mönch bei einer großen Zeremonie herum getragen wird und Kobo Daishi spielt. Der betreffende Mönch wird von allen Mönchen ausgewählt, diese Rolle zu übernehmen, das ist eine besondere Ehre. Ebenfalls fotografiert werden darf in der riesigen ehemaligen Küche, wo in einem Becken ständig eine Wassermelone dümpelt. Ein hängendes Regal hat eine Überdachung auf der weißes Papier liegt, das darüber hinaus ragt. Wenn früher Mäuse in der Nacht an die Vorräte auf dem Regal kommen wollten und es über die Aufhängung und die Balken bis auf das weiße Papier geschafft hatten, rutschten sie am Rand vom überstehenden Papier (das von ihrem Gewicht hinuntergedrückt und damit zur Rutschbahn wurde) ab und fielen herunter, ehe sie es auf das eigentliche Regal schafften. Nicht mehr in Verwendung sind die drei riesigen Reiskochtöpfe, die bis drei Stufen unter den Küchenboden reichen und früher Reis für 2800 Menschen gefasst haben.

Fotografierne darf man auch den Steingarten, den größten in Japan.

In dem Raum mit den roten Teppichstreifen haben wir Tee und keine kleine Süßigkeit eingenommen, es ist ein Ruheraum für Besucher und vom Pult aus hält ab und an ein Priester Reden.

Die Teppiche rechts und links von Kobo Daishis Bild hinter dem Rednerpult sind Mandala. das mit den vielen Einezbildern, die wie ein Schachbrett wirken steht für Weisheit und das andere mit den vielen Buddhas um einen Großen für Gnade/Mitleid.

Zum Abschluss hat uns die Führerin ins Touristeninformationszentrum geführt. Da wir bei ihr ein Kombiticket für einen ermäßigten Eintritt in alle die Sehenswürdigkeiten gekauft hatten, waren da noch zwei Punkte offen. Einer war das Kopieren einer Sutra. Da wird die kürzeste, die Herzsutra aufgelegt und zwar so, dass sie auf der Rückseite aufgeprägt ist, und durch das dünne Papier durchscheint. Dazu gibt es  spezielle Stifte, die wie Tuschepinsel geführt werden und auch solche Striche hinterlassen. Wir saßen da eine Dreiviertelstunde und bemühten uns die Zeichen zu sehen und zu erraten, wie jetzt der nächste Strich gesetzt werden muss. Das ist gar nicht so leicht und richtig habe ich es nicht gemacht, abgesehen davon, dass ich etwa erst ein Viertel geschafft hatte.


Dann folgte der zweite Zusatzbonus des Tickets, eine kleine Zeremonie bei der man Zuflucht bei Kobo Daishi sucht. Das kann man unabhängig von seiner Konfession, es heißt einfach, dass man Kobo Daishis Lehren respektiert und von ihm beschützt werden möchte. Bei einer Gruppe wird einer als Stellvertreter ausgewählt, der diese Zeremonie als Buddhist ehrenhalber abschließt (mit Zertifikat). Wir zwei saßen da ganz allein in einer Halle vor dem Altar und zwei Priestern, wobei der Assistenzpriester zum Glück die passenden Worte vorsprach und man nur nachsprechen musste.


Moni bekam das Zertifikat und auch noch eine kleine Predigt des Priesters in bewusst simplem Japanisch (ich hätte kein Wort verstanden, aber sie hat  es so halb mitbekommen und die richtigen Antworten gegeben) darüber, wie wichtig das Atmen bei der Meditation ist, dass man darauf achten muss richtig auszuatmen und dabei auf vier zu zählen, so vergisst man nämlich den ganzen Kummer und die Ablenkung der Welt und das Herz kann sich der Botschaft Kobo Daishis öffnen.

Nach der Zeremonie war es schon fast Abendessenszeit und die Führerin hat uns zum Ekoin Tempel zurückgebracht.


Das Abendessen war genauso opulent wie am Abend davor, es gab ein paar andere Dinge, leider habe ich das Foto so verwackelt, dass ich es nicht zeigen kann.

Kaum ein Tag in Japan war so voller Informationen wie dieser.

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